BE YOUR OWN GURU

Vor nicht allzu langer Zeit sprach ich mit einer ehemaligen Schulkollegin, die sich dazu entschieden hatte, Nonne zu werden.

Sie ist unglaub­lich hübsch und hat ein sehr liebens­wer­tes Wesen und ich konnte ihre Entscheidung nicht nachvoll­zie­hen. Der Grund für ihre Entscheidung war eine unerfüllte Liebe gewesen.

Der Mann hatte nach einer kurzen Beziehung mit ihr, ihre Schwester gehei­ra­tet und für sie war das Thema Männer damit erledigt. Im Gespräch erzählte ich ihr von dem Online Meditations Event, den ich vor hatte zu organi­sie­ren. Eigentlich wollte ich ihn “No Guru” nennen, aber dann meinte Isabelle, die den Event als Moderatorin unter­stützt “Be Your Own Guru” ist leich­ter zu verstehen.

Das Thema, um was es mir geht, ist Meditation und innere Erfahrung — jedoch ohne, dass man gleich eine neue Religion anneh­men muss oder alles Geld einer Organisation geben muss.

Meine Freundin, die Nonne dachte ein wenig nach und dann sagte sie
“Das ist es, was ich eigent­lich wollte.”

Ich war leicht schockiert – dachte mir sie macht einen Witz und fragte sie: “Was ist passiert?“
Sie antwor­tete: “Ich weiß es nicht.”

Dass, was hier passiert ist, kommt öfter vor. Und auch mir ist es passiert.

Ich fing an zu meditie­ren, weil ich in meinem Leben authen­tisch und präsent zu sein wollte. Es gab ein inneres Wissen, das aber immer irgend­wie schwer fassbar war. Ich war von meinen Eltern, meiner Ausbildung und der Gesellschaft, dazu erzogen worden, der Meinung von ExpertInnen, LehrerInnen mehr zu vertrauen als meinem eigenen Gefühl. Und so war meine innere Stimme immer etwas, wo ich nicht genau wusste, …kann ich ihr vertrauen? Ist dass, was ich wahrnehme richtig, stimmig?

Seit etwa 10 Jahren gehe ich ein, zweimal im Jahr für eine Session zu einem Meditationslehrer. Und er gibt mir nie eine Erklärung oder Anleitung.

Am Anfang glaubte ich, dass er nichts oder nur wenig kann, abgese­hen von seinem minima­lis­ti­schen Lebenstil. Auf mich wirkte er wie ein geisti­ger Einfaltspinsel und sonst nichts.

Dennoch ging ich immer wieder hin, weil mich etwas nicht losließ.

Heute weiß ich, dass seine Anleitung immer perfekt war und dass alles, was ich in meiner Realität nach den Sessions erfah­ren und  gelernt habe, nur eine Wiederholung dessen war, was ich in der Session erfah­ren hatte.

Ab einem gewis­sen Zeitpunkt, sprach er gar nicht mehr mit mir.

Als ich ihn fragte, ob alles ok ist, meinte er: “Ja – Ich begleite deine Seele, damit sie ihren Weg findet.”

Mehr nicht.

Damals hatte ich jedoch das Gefühl, dass ich irgend­wie unvoll­stän­dig war. Mein angebo­re­nes Vertrauen in mich selbst, Meditation direkt zu erfah­ren, war ein ständi­ger innerer Kampf mit Selbstzweifel und einem ständi­gen wieder aus der Meditation heraus­fal­len.
Dann, wenn wieder Erfahrungen passier­ten, fühlte ich mich überfor­dert und hatte Angst, dass es zuviel wird. 

Es war, wie wenn ich das Pendel zwischen Innen und Außen nicht unter Kontrolle bekam und auch nicht mich hinge­ben oder inner­lich loslas­sen konnte.

Dieser Selbstzweifel machte mich zum Freiwild für jeden spirituellen Lehrer, der mir über den Weg lief.

Glücklicherweise fand ich jeman­den, der mir (meinem Kopf) erklä­ren, was genau er mir vermittelte.

Nach einiger Zeit merkte ich, dass genau diese — von mir gesuch­ten — Erklärungen aber wieder begrenzt waren und es auch verhin­der­ten, den gegen­wär­ti­gen Augenblick frei von allen ideolo­gi­schen Zwängen zu erleben. Das war es, was meine Freundin die Nonne gemeint hatte, als sie sagte, dass es das war, was sie eigent­lich wollte. Sie wollte frei sein — im Denken, Fühlen & Wahrnehmen.

Erst dann wurde mir klar, der Meditationslehrer versucht hatte, zu vermitteln.

Als ich ihn wieder­traf und ihm erzählte, was ich erkannt hatte, sagte er: “Es tut mir leid, aber du hast nichts von mir gelernt.“

Oha,..da spricht er mit mir und sagt mir sowas.

Wieder ein paar Jahre später, hatte ich erfasst, worum es ihm ging. Er lehnte es ab, ein Lehrer sein zu wollen. Er wollte kein Guru für nieman­den sein. Er weigerte sich ein Guru zu sein, weil es keine Gurus gibt.

Es gibt nur die Gegenwart, die wir mit Allen und Allem, was ist, teilen.

Niemand hat darauf Anspruch. Und es kann nicht gelehrt werden. Mein Lehrer wollte nicht, dass ich ihm vertraue.

Er wollte, dass ich mir selbst vertraue.